Alltags-Meditations-Haikus

Es ist über zwanzig Jahre her, als ich das erste Mal mit dem "Wunder der Achtsamkeit" konfrontiert wurde. So hieß das Buch eines buddhistischen Mönchs, mit dem meine Eltern offenbar nichts anfangen konnten, weshalb es bei mir gelandet ist. Hat mich sofort fasziniert. Was nicht heißt, dass ich es umsetzen konnte.

Jahrzehnte später weiß ich, wie wohl es mir tut. Achtsamkeit. Die Mandarine nicht ganz in den Mund stopfen, sondern jeden einzelnen Schnitz bewusst essen. Sonst habe ich sie nicht wirklich gegessen. Nicht beim Abwaschen an den Kaffee danach denken. Sonst habe ich nicht wirklich abgewaschen. Sauberes Geschirr hin oder her. Wirklich Abwaschen hat nichts mit Geschirr zu tun. Aber die Achtsamkeit, die Aufmerksamkeit für das Hier und Jetzt, die Bewusstheit und Wachheit entgleiten mir natürlich ständig.

Es braucht immer noch und immer wieder Anlässe, mich daran zu erinnern.

Und diese Anlässe schaffe ich mir jetzt selbst. Vor ein paar Tagen habe ich in der U-Bahn mein erstes Alltags-Meditations-Haiku geschrieben. Und gleich das zweite. Freie Form natürlich.

Hier sind sie:

Zart wie ein Veilchen
Tast ich dich, missachteter
Klotürklinkengriff

Wildbieneneffekt
Ohne deinen Flügelschlag
Wär hier kein Apfel

Das klebt jetzt an der Badezimmertür und auf der Obstschale, damit es mich erinnert, den Tag in Achtsamkeit zu begehen.

Und auf das T-Shirt meines Sohnes sticke ich (damit ich es lesen kann):

Diesen kleinen Fleck
unserer Welt bescheine
die Sonne, mein Herz